Unternehmen mit Zukunft: Aufbau von KI-Skills
Führungskräfte und Handlungsfelder für den Kompetenzaufbau zu künstlicher Intelligenz
KI verändert die Wirtschaft grundlegend und bringt neue Möglichkeiten der Automatisierung, der Effizienzsteigerung oder der Personalisierung von Produkten mit sich. Um diese Chancen in Wettbewerbsvorteile zu überführen, aber gleichzeitig auch die mit der KI verbundenen Risiken in Grenzen zu halten, bedarf es Führungskräfte, welche die Kompetenzen haben, diesen Prozess erfolgreich zu begleiten und sich im Wettbewerb zukunftsfähig aufzustellen. Dies ist nicht nur aus volkswirtschaftlicher Sicht notwendig, um Deutschland im internationalen Wettbewerb zu positionieren. Auch aus individueller unternehmerischer Sicht müssen entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.
Definition KI-Führungskraft
Unter einer KI-Führungskraft versteht man eine Person, die eine leitende Position in einem Unternehmen oder einer Organisation innehat und für die Entwicklung, Implementierung und Überwachung von künstlicher Intelligenz (KI) in einem Unternehmen, d.h. in den Produkten oder Prozessen, verantwortlich ist.
Künstliche Intelligenz – wo stehen wir heute?
Mit der zunehmenden Bedeutung der Schlüsseltechnologie KI haben sehr viele Länder KI-Strategien bzw. Eckpunktepapiere entwickelt, um die politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen und Entwicklungen aktiv zu gestalten. Trotz Unterschiede im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung gleichen sich die Strategien: Es werden nicht nur erhebliche Mittel in die KI-Forschung investiert, sondern auch die Anwendung und Verbreitung gezielt unterstützt, beispielsweise in Schlüsselbranchen, wie z. B. Smart City, Militär oder Medizin.
Um das erwartete Wirtschaftswachstum von 430 Milliarden EUR abschöpfen1 (PWC (2019a): Aus dem Hype Realität machen: Fit für Künstliche Intelligenz im Jahr 2020.), hat auch die Bundesregierung mit der Umsetzung von Maßnahmen begonnen: Seit 2019 wurden über 2,5 Mrd. € zur KI-Förderung zur Verfügung gestellt, wovon bislang über 490 Mio. € bereits in – größtenteils mehrjährigen – Projekten verausgabt wurden2.
Im Vergleich zu anderen Nationen hat Deutschland seine KI-Strategie im November 2018 und damit mit zeitlichem Verzug zu anderen Nationen veröffentlicht3 (USA (2016), China (2017) oder Kanada (2017).). Dennoch ist die KI-Forschung – auch nach internationalen Maßstäben – in Deutschland breit und gut aufgestellt. Belege für die Annahme, dass sich Deutschland im internationalen Wettbewerb unter den Top 5 befindet, sind beispielsweise die Anzahl der KI-Publikationen oder die Häufigkeit der Zitationen deutscher und europäischer KI-Wissenschaftler4(Jahn, Thomas; Schinroszik, Nadine (2023): Was Start-ups und KI-Forschung in Deutschland bremst. In: Handelsblatt vom 12.4.2023). Trotz der Stärke in der KI-Forschung weisen Analysen darauf hin, dass Deutschland im Hinblick auf den Einsatz von KI in der Wirtschaft zurückfällt, im Hinblick auf die Innovationsfähigkeit Schwächen aufweist und die vergleichsweise hohen FuE-Ausgaben nicht in Wertschöpfung überführt wird. Einer Bitkom-Studie zufolge setzen aktuell sogar nur neun Prozent aller Unternehmen KI ein5. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch andere Analysen, welche auch die Ursachen für den Rückstand in den Blick nehmen. So zeigt sich, dass z. B. deutsche Führungskräfte. die Bedeutung von KI als geringer einschätzen, als im internationalen Durchschnitt6. Dies scheint Konsequenzen für die Anwendung zu haben: Denn selbst wenn KI eingeführt wird, dann erfolgt dies bislang vor allem als Instrument für Produktivitätsverbesserungen durch Automatisierung und weniger im Bereich von innovativen Produkten und Geschäftsmodellen7 (Vgl. PWC (2019), S. 5ff). Disruptive und radikale, auf KI-basierende Innovationen, welche existierende Märkte grundlegend verändern bzw. neue Märkte schaffen und nachhaltige Wettbewerbsvorteile ermöglichen, werden jedoch kaum vorangetrieben.
Es ist davon auszugehen, dass die Ursachen hierfür vielfältig sind. Mögliche Gründe sind das Fehlen von technischen KI-Infrastrukturen, hohe Regulierungen, hohen Umsetzungskosten. Ursache ist vermutlich aber auch der Mangel an KI-Talenten und entsprechend qualifizierten KI-Führungskräften, welche über die für die KI-Revolution erforderlichen Kompetenzen verfügen.
Exkurs: KI-Forschung & Anwendung müssen Hand in Hand gehen
Nach der Definition von John McCarthy, der den Begriff KI prägte, ist KI die (Ingenieur-)Wissenschaft intelligenter Maschinen, insbesondere intelligenter Computerprogramme. Die KI-Forschung ist stark in der Informatik zu verankern, auch wenn es Schnittstellen zu vielen verschiedenen Wissensdomänen und Forschungsdisziplinen gibt. Die Anwendungsbereiche von KI liegen beispielsweise im
- industrieller Einsatz (z.B. Robotik, der Fehler- und Qualitätskontrolle in der Fertigung, der Logistikplanung und dem Liefermanagement),
- Finanzwesen (z.B. Aufdeckung von Betrug, Risikoanalyse bei Krediten und Hypotheken, die Vorhersage von Aktienkursen oder die Bewertung von Unternehmen),
- Umweltüberwachung (z.B. Überwachung der Wasserqualität und zur Vorhersage und Identifizierung von Verunreinigungen einsetzen), Mobilität (z.B. selbstfahrende Autos, Fahrerassistenzsysteme).
- Medizin und Pharma (z.B. Diagnoseunterstützung, Wirkstoffentwicklung)
- In Querschnittsfunktionen, wie z.B. Marketing (z.B. Analysen) oder Design.
Aktuell stehen große KI-Modelle, wie z.B. das Sprachmodell Chat GPT, im Fokus der medialen Aufmerksamkeit. Die großen Modelle geben eine Vorstellung davon, was zukünftig mit KI genutzt werden kann. Für komplexe Aufgaben sind sie jedoch in der Regel noch nicht geeignet: Es existiert weiterhin ein großer Forschungsbedarf. Bisherige KI-Systeme sind vor allem entweder Expertensysteme, die zwar Handlungsempfehlungen ableiten und Lösungen für komplexe Probleme unterstützen können, jedoch keine neuen Regeln erlernen oder Fakten identifizieren können oder statistische Lernprogramme, die auf der Basis von statistischen Wahrscheinlichkeiten auf großen Datenmengen automatisiert Muster für konkrete Probleme erkennen.
Um die Möglichkeiten von KI für neue Anwendungen zu erweitern, die Anforderungen zu verringern und den großflächigen Einsatz zu ermöglichen, ist weiterhin viel Forschung und Entwicklung notwendig. Das Spektrum an erforderlicher Forschung reicht von algorithmischen Grundlagen bis hin zu KI-Systemen, welche den Einsatz von KI in der Anwendung erleichtern. Denn bislang ist KI so komplex, dass sie bisher nur von wenigen Unternehmen mit Spezialteams in praktische Anwendungen überführt werden kann.
Diese KI-Skills benötigen Führungskräfte
KI weist ein riesiges Potenzial für die Wirtschaft auf, auf das sich Unternehmen einstellen müssen. Auch vor Hintergrund, dass viele der unter dem breiten Terminus KI zu subsumierenden Technologien und Anwendungen noch in einem frühen Entwicklungsstadium sind, stehen Unternehmen vor der Herausforderung, KI systematisch, zielgerichtet und nutzbringend in Produkten oder Prozessen einzusetzen. D.h. es müssen nicht nur die erforderlichen Kompetenzen für die technische Umsetzung aufgebaut und entsprechende Projekte begleitet werden, sondern auch Use Cases mit Mehrwert identifiziert, ethische Aspekte berücksichtigt, Risiken minimiert und Veränderungsprozesse begleitet werden. Die Aufgaben können dabei – abhängig von der Positionierung des einstellenden Unternehmens – in unterschiedlicher Ausprägung der Dimensionen Technik, Managementfähigkeiten sowie Leadership-Skills angesiedelt sein.
Zu den Aufgaben einer KI-Führungskraft können unter anderem die Identifikation von Geschäftsmöglichkeiten für KI-Technologien, die Auswahl der richtigen Technologien für spezifische Geschäftsanforderungen, die Implementierung von KI-Lösungen, die Überwachung der KI-Systeme, die Identifizierung von Risiken und die Umsetzung von Maßnahmen zur Risikominimierung sowie die Schulung von Mitarbeitern in Bezug auf KI gehören. Gleichzeitig muss eine KI-Führungskraft auch über Fähigkeiten in den Bereichen Management, Kommunikation, strategisches Denken und Problemlösung verfügen, um sicherzustellen, dass die KI-Systeme effektiv eingesetzt werden, um die Geschäftsziele zu erreichen, aber auch die Transformationsprozesse begleitet werden. Auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels kann das Management von Dienstleistern in der Produktentwicklung zu den Aufgaben zählen. Darüber hinaus sollte eine KI-Führungskraft ein tiefes Verständnis für Ethik und Datenschutz haben, um sicherzustellen, dass die KI-Systeme im Einklang mit den ethischen und rechtlichen Standards betrieben werden.
Führungskräfte müssen dafür ein breites Spektrum an Merkmalen und Qualifikationen aufweisen:
Technisches Fachwissen: Eine KI-Führungskraft muss ein tiefes Verständnis von KI-Technologien haben. Sie sollte in der Lage sein, ihr Team bei der Auswahl der richtigen Algorithmen und Techniken für die Lösung spezifischer Probleme anzuleiten. Angesichts der hohen Dynamik in der KI bedarf es zusätzlich einer hohen Lernbereitschaft und guter Netzwerke, um ihr Wissen fortlaufend weiterzuentwickeln.