Wie sich durch Onboarding der Einstieg neuer Führungskräfte optimal gestalten lässt
Zu einem gelungenen Start in ein neues Arbeitsverhältnis gehört, dass Euphorie sich nicht in Ernüchterung verwandelt. Das Onboarding („an Bord nehmen“) leitender Mitarbeiter ist deshalb für Unternehmen heute von zentraler Bedeutung, um mühsam rekrutierte und qualifizierte Kandidaten nicht schon in den ersten Monaten wieder zu verlieren, sondern ihnen effizientes Arbeiten in der neuen Umgebung zu ermöglichen und sie langfristig an das Unternehmen zu binden.
Derzeit verlässt jeder vierte Arbeitnehmer schon während des ersten Jahres nach seiner Einstellung wieder das Unternehmen. Das ergab die Haufe Onboarding Umfrage 2017 unter 227 HR-Verantwortlichen, mit vergleichbaren Zahlen bei Führungskräften. Verhindern könnte das eine Art Fremdenführer für die Neuen. Doch diese Integrationsaufgabe stellt viele Arbeitgeber offenbar vor große Herausforderungen: nur etwa ein Drittel der Unternehmen führt neue Mitarbeiter strukturiert in ihren künftigen Job ein. Was umso erstaunlicher ist, da gerade bei der Besetzung offener Führungspositionen im Vorfeld meist viel Zeit und Geld investiert wird. Aber es gibt wirksame Methoden, um die Kandidaten mit der richtigen Hilfestellung rasch und nachhaltig in das Unternehmen einzubinden.
Onboarding mit Kultur- und Zielorientierung
Beim Onboarding sind die Anforderungen an das Personalmanagement in den letzten Jahren deutlich gestiegen. War früher oft der „Sprung ins kalte Wasser“ Standard, durchlaufen Neueinsteiger auf Managementebene heute oft Onboarding-Programme mit Coaches, die sie in einem professionellen Prozess Schritt für Schritt an das Unternehmen und ihre Aufgabe heranführen. Sie erhalten schnellen Einblick in die Prozesse, Infrastruktur ihres neuen Arbeitsplatzes und werden in die Unternehmenskultur und in dessen Ziele eingeführt. Hierzu gehört auch, die „ungeschriebenen Gesetze“ der Organisation und die sozialen und machtpolitischen Strukturen möglichst detailliert zu vermitteln. Denn sonst tappen Führungskräfte in ihren neuen Aufgabenbereichen schnell in Fettnäpfchen bei Mitarbeitern und Kunden. Ist der Neueinsteiger dagegen sozial akzeptiert, erhält er mehr Informationen und kann angemessen reagieren.
Schlüsselrolle der HR-Abteilung
Gerade die erste Zeit am neuen Arbeitsplatz ist entscheidend für eine erfolgreiche Integration. Doch umfasst das Onboarding neuer Führungskräfte weit mehr als nur die reine Wissensvermittlung. Ein professioneller Onboarding-Prozess auf Managementebene beginnt bereits im Vorfeld des ersten Arbeitstags des neuen Mitarbeiters im Unternehmen und endet meist erst nach Monaten. In vielen Unternehmen ist das HR-Team verantwortlich für die Erarbeitung und Umsetzung von Integrationsprogrammen. Mitarbeiter aus den Reihen des HR-Teams, interne Mentoren und immer öfter externe Coaches helfen bei der Integration.
Mentoren und Coaches
Mentoren sind hierarchisch gleich gestellte erfahrene Führungskräfte aus einem anderen Unternehmensbereich. Ein Mentor unterstützt maßgeblich die Identifikation mit dem Unternehmen, da er durch seine Kenntnis des Unternehmens und seiner Kultur für den Neuling vieles erklärbar und verstehbar machen kann. Mentoren helfen der neuen Führungskraft in der Anfangsphase in allen fachlichen und organisatorischen Belangen, dadurch lässt sich die fachliche Integration beschleunigen. Auch unterstützen Mentoren ihre Kandidaten, persönliche Netzwerke zu Schlüsselfiguren im Unternehmen auf- und auszubauen.
Externe Coaches bieten dagegen neutrale Unterstützung und regelmäßigen Austausch. Sie waren meist selbst in leitenden Positionen tätig und kennen die Hierarchieebene des Neulings, müssen aber nicht zwangsläufig aus dessen Branche stammen. Gemeinsam mit ihren Coachees entwickeln sie individuelle Strategien zu Herausforderungen im Alltag und helfen ihnen dabei, die eigene Rolle im neuen Unternehmen laufend zu reflektieren.
Google: Fünf Pflichten beim Onboarding
Im besten Fall werden sämtliche Mitarbeiter sowie die Management-Kollegen dazu angeleitet, sich beim Onboarding-Prozess entsprechend zu engagieren. So soll Google seine Führungskräfte am Vorabend des ersten Arbeitstages eines neuen Mitarbeiters in einer E-Mail an ihre fünf diesbezüglichen Pflichten erinnern:
- Besprich Aufgaben und Verantwortungen
- Verbinde den Neuen mit einem Ansprechpartner auf gleicher Hierarchieebene
- Unterstütze ihn beim Aufbau eines Netzwerkes
- Spreche einmal im Monat über die Einarbeitung
- Ermuntere ihn zum Feedback
Feedback macht Integration erfolgreich
Regelmäßiges Feedback ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Integration neuer Führungskräfte. So sollten beide Seiten regelmäßig Feedback einfordern und ihre Erwartungen formulieren. Die neue Führungskraft erhält so kontinuierlich Rückmeldung und kann sich besser einordnen. Durch anonymisierte Interviews des Onboarding-Coaches mit Kollegen, Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden lässt sich beispielsweise abfragen, wie der Kandidat fachlich und menschlich wahrgenommen wird. Solch ein Rundum-Feedback gibt wichtige Rückmeldung und ist wertvolle Basis für das eigene weitere Vorgehen.
Häufig enden Onboarding-Programme bereits nach den ersten 100 Tagen. Studien belegen jedoch, dass der „emotionale Durchhänger“ erst zwischen dem siebten und elften Monat kommt, wenn die Anfangseuphorie des Neueinstiegs vom Alltag abgelöst wird und man bemerkt, dass häufig nicht alles so läuft, wie man es sich vorgestellt hat. Hier kann ein längerfristiger Onboarding-Prozess die Unzufriedenheit des Kandidaten auffangen und ein externer Coach die Strategie der nächsten Monate neutral diskutieren.
Kosten-Nutzen-Rechnung
Eine solch intensive Betreuung durch Onboarding-Coaches hat natürlich ihren Preis. Doch das zahlt sich aus, wenn sich durch gezieltes Onboarding teure Misserfolge bei der Integration neuer Führungskräfte ins Unternehmen vermeiden lassen und die Anfangsfluktuation entsprechend gesenkt werden kann. Zudem trägt ein professionelles Onboarding dazu bei, die Bindung der Führungskräfte an das Unternehmen zu erhöhen. Schließlich steigert eine gute Integration auch deren Zufriedenheit und Loyalität.