Marktlage: Was sorgt für einen Braindrain?

Marc-David Rompf - 13. März 2020

10.000 Experten für Künstliche Intelligenz weltweit bezifferte eine Recherche der New York Times Ende 2017. Selbst wenn sich diese Zahl inzwischen verdoppelt oder vervielfacht haben sollte – angesichts des Bedarfes auf dem US-amerikanischen, chinesischen und europäischem Arbeitsmarkt bleibt sie überschaubar.

Mit entsprechend harten Bandagen wird gefochten, um KI-Talente zu gewinnen bzw. abzuwerben Die Interviewpartner des dla Marktresearches waren sich einig: drei Auslöser sind bei einem „Braindrain“ entscheidend.

„Aus US-Sicht ist Europa ein KI-Discounter.“
Fabian Schladitz, Head of CoE Artificial Intelligence, Capgemini

Auslöser 1:
Money, Money, Money

  • Bei ca. 111.000 US-Dollar p.a. liegt das Durchschnittsgehalt für eine KI-Stelle in den USA (Auswertung der Arbeitgeberbewertungsplattform Glassdoor).
  • Für Spitzenpositionen werden dort deutlich höhere Jahresgehälter gezahlt – speziell in diesem Segment verfügen auch deutsche Konzerne in der Regel (noch) nicht über annähernd adäquate Gehaltsstrukturen. Gerade aus der Perspektive von US-Unternehmen lohnen sich daher Investitionen in deutsche bzw. europäische Standorte.

Ca. 150.000 Euro p.a. verdient ein Machine-Learning-Entwickler in der Bay Area.
Studie der Jobbörse indeed.com

Auslöser 2:
Starke Netzwerke

  • Gehalt ist aber nicht alles: Unternehmen sollten auch in Maßnahmen investieren, KI-Talente ständig auf sich aufmerksam zu machen. Wichtig sind vor allem Kontakte aus Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und Start-ups.
  • Dabei sollte man nicht nur an Absolventen bzw. junge, berufserfahrene Nachwuchstalente denken, sondern auch Partnernetzwerke mit etablierten internationalen Vordenkern aufbauen und pflegen. (High-)Professionals akquiriert man zudem über Beratungen und Freelancer.
  • Fast alle Interviewpartner von dla nannten die persönlichen Netzwerkkontakte aus Forschungs- oder Arbeitsprojekten als ausschlaggebenden Beweggrund bei einem Stellenwechsel.

„AI bei Siemens vereint Forschung und Anwendung. Man ist relativ früh in der Kette der Innovation dabei, muss Projekte aber nicht ab einer bestimmten Schwelle übergeben, sondern kann die konkreten Anwendungen mitgestalten. Genau das ist AI-Talenten meiner Erfahrung nach sehr wichtig: zu erfahren, dass die eigenen Anwendungen in der Welt etwas bewegen.“

Dr. Michael May, Head of Company Core Technology Data Analytics & AI Siemens

Auslöser 3:
Attraktivität des Standortes

  • 67% der KI-Jobs in den USA sind in New York City, Los Angeles, der San Francisco Bay Area und Seattle angesiedelt (Glassdoor). Je nach Position können die dortigen hohen Lebenshaltungskosten schnell ein exorbitantes Gehalt relativieren. Metropolregionen wie Berlin, München oder Stuttgart gewinnen daher aktuell an Attraktivität – oder die KI-Talente priorisieren ohnehin ihre Familienplanung gegenüber dem Arbeitsstandort. Hier punkten deutsche Konzerne, wenn sie mehr Sicherheit geben als US-Unternehmen.
  • In Deutschland sind zudem stärkere Investments in die Ausbildung von KI-Berufsprofilen wichtig, etwa in eine Data Science/AI-Ausbildung bzw. in marktorientierte Studiengänge.

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